Hühnerbrust aus Afrika

Wir leben in einer Zeit, in der unsere Lebensmittelproduktion und der Lebensmittelhandel völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Das verunsichert immer mehr Menschen hier, verursacht in den ärmsten Ländern der Welt massive Schäden und hat auch einen immer größer werdenden Anteil an der Flüchtlingskrise.

Beispiel:

Wir Europäer essen z.B gerne Huhn. Hierzu werden die Tiere in Intensivmast unter erbärmlichen Bedingungen gehalten. Das Futter besteht z.B. zu mehr als einem Drittel aus Soja. Dieses wird in Monokulturen in z.B. Brasilien angebaut, immer mehr Regenwald wird hierzu vernichtet. Spekulanten treiben an Börsen auch Sojapreise immer mehr künstlich in die Höhe. Das ursprüngliche „Zweinutzungshuhn„, die weiblichen Hühner wurden als Legehennen genutzt, die männlichen Hühner für eine spätere Fleischnutzung gemästet, wurde als zu unwirtschaftlich angesehen. Entstanden sind Masthybride, speziell für die Eierproduktion oder Mast (nie beides zusammen). Leider sind in beiden Fällen nur weibliche Exemplare erwünscht, die Männlichen werden als Eintagsküken vergast oder geschreddert.

Nach einer maximal kurzen und intensiven Mast werden die Tiere im Akkord geschlachtet. Hier entscheidet der Schlachtpreis den Schlachtort, daher treten viele Tiere eine lange Reise an. Wichtig ist hier auch die Feststellung: Egal ob Bio oder Normal; beide Arten der Haltung enden in den selben Schlachthäusern zu den selben Bedingungen. Lediglich die Entfernung zu dem Schlachthaus ist bei Biotieren eventuell reglementiert.

Wir Europäer essen fast nur fettarmes Hühnerfleisch, rund 80% des hier verkauften Hühnerfleisches ist Hühnerbrust. Die Tiere werden daraufhin gezüchtet, so macht die Hühnerbrust ca. ein drittel Gewicht eines Hybridhuhnes aus. Diese „gewinnoptimierte Missbildung“ macht dem Tier das Leben schwer, sorgt aber bei alleinigem Verkauf der Brust für einen guten Gewinn. Was aber tun mit dem Resthuhn? Dieses wird tiefgekühlt nach Afrika exportiert und dort anfänglich zu absoluten Dumpingpreisen verkauft. In Folge bricht dort der Verkauf von einheimischen Hühnern dramatisch ein.

Mit unseren nicht gewollten Hühnerteilen vernichten wir dort also ganze Existenzen von tausenden Familien. Durch die nicht wirklich vorhandene Kühlkette, in Afrika fällt der Strom öfter aus wie er da ist, taut das Fleisch dort mehrmals an oder ganz auf. Die Folge sind starke Schimmel- und Keimbildung und somit Krankheiten nach dem Verzehr.

Fazit: Ein System wie es kränker nicht sein könnte.

Lösungsansatz:

Unser Konsumverhalten hier kann alles verändern. Grundlegend stellt sich die Frage: Möchte ich z.B. Hühnerfleisch aus o.g. System essen und dieses somit unterstützen oder nicht. Wenn nicht, was wäre die Alternative? Oft ist die Herkunft und die Produktionskette von Bioware auch nicht nachvollziehbar, spätestens ab der Schlachtung schlägt o.g. System voll zu. Somit ist auch Bio meist keine wirkliche Alternative. Hier ein neuartiger Ansatz:

Hühnerbrust direkt bei afrikanischen Produzenten kaufen

Klingt verrückt, ist es aber durchaus nicht. In Afrika wachsen Hühner völlig natürlich auf, keine Massentierhaltung, keine industrielle Schlachtung. Also sehr hochwertige Ware. Bisher sind die z.B. aus Europa importierten Resthühner günstiger wie einheimische, ganze Hühner. Es hat sich gezeigt, dass nach Verdrängung des einheimischen Marktes diese Preise stark ansteigen.

Direkter, regionaler und weltweiter Verkauf ohne Zwischenhandel

Durch einen lukrativen, direkten Export von Hühnerbrust in z.B. die EU könnten afrikanische Hühnerbauern ihre „Resthühner“ lokal auch zu diesen oder sogar zu leicht besseren Preisen anbieten. Diese wären zudem frisch, nicht Keimbelastet und würden die Marktposition einheimischer Anbieter stärken. Auch mit Blick auf EPA, dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten wäre eine solche Lösung ein Anfang für einen realen Export von afrikanischen Waren zu fairen Bedingungen ohne, bzw. mit maximal einem Zwischenhändler.

Folgende Fakten:

  • Durch den massenhaften Import per Schiff sind geeignete Tiefkühlcontainer von Afrika nach Europa vorhanden. Diese befördern zzt. ja nur in eine Richtung Ware und fahren leer zurück.
  • Die Menschen in Afrika brauchen dringend wirtschaftlichen Erfolg um wieder Hoffnung in ihre Zukunft zu schöpfen.
  • Immer mehr Konsumenten hier in Deutschland sind verunsichert von der immer mehr industriealisierten Tierhaltung, warum nicht erstklassiges und natürlich aufgewachsenes Fleisch dort kaufen, wo eine artgerechte Haltung (noch) möglich ist?
  • Alle bisherigen Entwicklungshilfemodelle haben versagt, der Flüchtlingsstrom aus diesen Ländern beweist dies klar. Es muss eine völlig neue Art der Entwicklungszusammenarbeit geschehen.

Was wäre nötig, um einen solchen, neuartigen Handel aufzubauen?

  • Eine funktionierende Logistik und Kühlkette in den Ländern dort. Diese wäre auch für die Vermeidung von Keimen bei Importhühnerteilen mehr als sinnvoll.
  • Eine mobile Infrastruktur um eine nach europäischen Normen entsprechende Qualität an Schlachtung, Verpackung, Transport und Hygiene zu gewährleisten.
  • Eine geeignete Infrastruktur für die Direktvermarktung ohne, bzw. mit maximal einem Zwischenhändler der Hühnerbrüste direkt vom Erzeuger.
  • Kunden hier für den Verkauf von geeigneten Mengen zu finden.
  • Den Willen von Politik und Entscheidungsträgern.

Natürlich ist diese Infrastruktur nicht nur für Hühnerbrüste geeignet. Dieses Beispiel zeigt die reale Möglichkeit für einen regionalen und  internationalen, fairen Marktzugang für diese Menschen. Durch das Onlinestellen aller verfügbaren Lebensmittel von Erzeugern aus den jeweiligen Regionen wäre ein Überblick der dort verfügbaren Lebensmittel und vorhandenen Mengen gegeben. Fehlende oder zu wenig verfügbare Lebensmittel könnten gezielt dort in Entwicklungshilfe angebaut bzw. Importiert werden. Eine funktionierende Nahversorgung würde entstehen, Versandzellen für einen kombinierten regionalen und internationalen Versand könnten gebildet werden.

Sicherheit und Vertrauen

Eine in vielen Teilen Afrikas gut umsetzbare, natürliche und extensive Tieraufzucht, ein natürlicher Anbau von Roh- und Hilfsstoffen und fair gezahlte Löhne entlang der Produktionskette z.B. einer Hühnerbrust würde einen hohen Fairanteil im Produkt ergeben. Ein wichtiges, vertrauenbildendes Verkaufsargument hier.

Die Grundlage bildet der immer stärkere Verbraucherwunsch nach traditionell und transparent arbeitenden Alternativen zu anonymen Industrieprodukten und die vorhandene Bereitschaft  fair erzeugte Waren zu fairen Preisen zu kaufen. Die maximal transparente und neutrale Ermittlung und Überprüfung des Fairanteiles entlang der ganzen Produktionskette der jeweiligen Produkte zeigt ein realistisches Bild der jeweiligen Erzeuger auch über weite Entfernungen ohne hohe Zertifizierungskosten oder spezielle Label. Auf dieser Basis entstehen direkte Kaufverträge mit maximal einem Zwischenhändler ohne Spekulanten und unabhängig von Preisschwankungen der Weltmarktpreise.

Fairdirect e.V. wäre jederzeit bereit solch eine Infrastruktur mit aufzubauen.

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